Liebe Trakehner-Züchter und Freunde des Trakehner Pferdes,

 

wieder sind es nur noch wenige Tage bis zum Weihnachtsfest, zum Jahreswechsel und Beginn des neuen Jahrzehnts. Die allgemeine „stade Zeit“ verkommt leider immer mehr im Vorfeld des eigentlich besinnlichen Weihnachtsfestes zur hektischen, kommerziellen Phase. Sozusagen sollten wir bereits alle in der Adventszeit bis hin zum Neuen Jahr innehalten können, um zur Ruhe zu kommen und das Jahr Revue passieren lassen. Wir sollten uns Zeit nehmen, unsere eigenen Gedanken, Hoffnungen und Wünsche zu ordnen, im privaten Bereich und im Miteinander.

Das vergangene Jahr 2019 war das erste Zuchtjahr, in dem unsere Fohlen bei den Bewertungsterminen keine Elchschaufel mehr gebrannt bekamen. Schade darum! Unser Markenzeichen, der Trakehnerbrand auf unseren Pferden ist der nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie, der Verordnung zur Kennzeichnung von Pferden und der Behauptung der BTK (2010) „der Brand diene nur der Werbung“ zum Opfer gefallen. Seit zehn Jahren müssen die Fohlen mit einem Transponder gekennzeichnet werden. Das hat zur Folge, dass wir erstmals auf der Körung der Hengste 2021 keine Junghengste mehr mit klar erkennbarem Elchschaufelbrand in Neumünster begrüßen dürfen und die Identifizierung der Abzeichen und das Auslesen der Chipkennzeichnung nachhaltig und sehr gewissenhaft zu erfolgen hat.

Auch die überarbeiteten Leitlinien Tierschutz im Pferdesport sind praktisch auf der Zielgeraden und werden uns Anweisungen geben, was sich zum Thema Nutzung, Ausbildung und Körung von Pferden ändern wird. Soviel steht bislang fest, dass Pferde erst ab dem 30. Lebensmonat gearbeitet werden dürfen. „Laut Beschluss der Zuchtverbände soll nun eine Arbeitsgruppe aus Zuchtverbandsvertretern, Hengsthaltern und Ausbildern das Kör- und Vorbereitungssystem einer kritischen Überprüfung unterziehen und gemeinsam ein Konzept mit den notwendigen Änderungen und Maßnahmen zur Umsetzung erarbeiten. Die Zuchtverbände sollen der AG dazu ihre eigenen Überlegungen liefern. Eine Vorstellung erster Teilergebnisse soll dann im Mai 2020 im Rahmen der FN-Tagungen in Aachen erfolgen.“, so die Pressemitteilung der FN.

Die Beeinflussung der Pferdezucht und Züchter steht hier außer Frage. Zum einen ja, die Pferde können länger reifen und auch länger „Kind“ sein; gut! Zum anderen muss allerdings der Züchter oder Aufzüchter einen längeren Atem beweisen, länger auf den Erfolg und die Rentabilität seiner Zucht warten. Geht das heute überhaupt noch? Haben wir diese Züchter noch, die mit großen landwirtschaftlichen Flächen und Erträgen, diese Durststrecken der langen Aufzucht überstehen können? Wie es neudeutsch mittlerweile heißt: „der Jugend gehört der Fortschritt“; zum einen ja, sie sollen neue Ideen einbringen und wir wollen sie für unsere Pferde begeistern. Zum anderen: welcher Jugendliche, junge Züchter hat – ohne elterlichen Anhang – die Möglichkeit mit einer oder mehreren Stuten auf eigenem, großflächigem Terrain zu züchten, die Fohlen aufzuziehen und ihnen eine kommerzielle Ausbildung angedeihen zu lassen?

Was wir nun vermehrt benötigen, sind drei Tugenden: und hier möchte ich es mir erlauben, unseren langjährigen, ehemaligen Zuchtbezirksvorsitzenden Dr. Lutz-Dietrich Schubert zu zitieren:

„Erstens: Realismus
Nur wer die Lage objektiv einschätzt und bewertet, kann die richtigen Entscheidungen treffen.
Dafür braucht es – zweitens – Aufmerksamkeit und Analysefähigkeit.
Wohin entwickeln sich der Reitsport, die Freizeitreiterei, der Markt? Da muss auch die Zucht hin. Globalisierung und Verdrängungswettbewerb sind auch in der Pferdezucht angekommen. Welche Trends und Risiken kommen auf den Verband und die Züchter zu? Auf welche muss man kurzfristig reagieren, ohne die langfristige Strategie, die die eigene Existenz und Substanz sichert, aus dem Auge zu verlieren?
Die dritte und vielleicht wichtigste Tugend ist die Zuversicht.
Denn selbst im stärksten Gegenwind sollte man sein Ziel nicht aus den Augen verlieren.
Unser Ziel haben wir Trakehner Züchter nach wie vor fest im Blick – mit Realismus, Wachsamkeit und Zuversicht. Sicher eine anspruchsvolle Aufgabe!“

Hinzufügen möchte ich noch die Dankbarkeit: dankbar wollen wir hier als Zuchtbezirk Bayern auch für die sportlichen und züchterischen Erfolge unserer Bayerischen Trakehner (im In- und Ausland) im Jahr 2019 sein! Sie aufzuzählen wäre unfair, könnte man doch den einen oder anderen vergessen. Mögen alle gesund bleiben und ihren eingeschlagenen Weg fortsetzen!

Wollen wir und nicht nur in der Trakehner-Zucht, all diese Tugenden und vor allem die Zuversicht und Dankbarkeit, niemals aus den Augen verlieren!

Meinen Zuchtbezirkskolleginnen und -kollegen danke ich hier an dieser Stelle für unzählige Stunden ehrenamtlichen Dienstes am Trakehner Pferd; bei unseren Veranstaltungen, bei den Bewertungsterminen und den Sitzungen und wünsche Allen, auch Ihnen liebe Züchter und Freunde unserer Trakehner Pferde, ein friedvolles Miteinander, ein gesegnetes Weihnachtsfest und alles Gute sowie Gesundheit in Haus und Stall für das Jahr 2020!

Ihre Renate Steiner

Stellv. Zuchtbezirksvorsitzende